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Pferdefleisch als Nahrungsmittel

Allgemeine Informationen

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Ladenschild einer Pferdemetzgerei Pferdefleisch wird von der Werbung recht stiefmütterlich behandelt. Zu Unrecht, wie wir meinen, denn es hat sehr wertvolle Eigenschaften und bietet eine interessante Bereicherung des Speisezettels. Diese Internet-Site soll hierzu etwas Information bieten und zum Ausprobieren anregen.

Sie soll aber auch dazu anregen, über Fleischkonsum an sich etwas mehr nachzudenken. Wir gehen selbst gern mit Pferden um, und die Vorstellung, ein uns so nahestehendes Tier im Kochtopf wiederzufinden, ist schon etwas eigenartig. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema lohnt sich, denn Fleisch sollte kein Massenprodukt sein, das man achtlos in sich hineinstopft. Wer Fleisch ißt, sollte auch an die Tiere denken, die es liefern, und sich wenn möglich aktiv für sie engagieren.

Das Nahrungsmittel Fleisch ist ein kultureller Wert. Dies gilt auch für Pferdefleisch, denn die sorgfältige Nutzung aller Rohstolle, die uns das Pferd liefert, ist zugleich Ausdruck der Achtung vor diesem Tier.


Wie kann man Pferdefleisch beschreiben?

Frisches Angebot von Fleisch- und Wurstwaren Frisches Angebot von Fleisch- und Wurstwaren
Macelleria & Salumeria Da Angelo, Offenbach


Was gibt es alles vom Pferd?

Bei uns noch ungewohnt: Konserven und vakuum verpackte Produkte vom Pferd (Firma Equinox, Belgien)

Klassische Pferdeprodukte sind wahrscheinlich Bouletten und Bockwurst, deren Qualität tatsächlich besser ist, als alles vergleichbare in dieser Richtung. Darüber hinaus lassen sich aus Pferdefleisch fast alle bekannten Fleischerzeugnisse herstellen:

So gibt es beispielsweise Fleischgerichte wie Steaks, Roulade oder Goulasch sowie alle möglichen Wurstsorten. Aber auch ausgefallenere Dinge wie etwa Pferdemark, geräucherten Schinken oder Zunge sollte man einmal probieren.

In Deutschland werden die Schlachtkörper von Pferden ähnlich wie die von Rindern zerlegt und entsprechende Produkte hergestellt.

Bei uns wird Fleisch und Wurst vom Pferd meist frisch in Metzgereien oder in speziellen Läden angeboten und einige Restaurants bieten die Möglichkeit, Pferdefleischgerichte kennenzulernen. In anderen Ländern sind dagegen auch Konserven und vakuum verpackte Produkte üblich. Diese gehören beispielsweise in Belgien und Frankreich zum Angebot der Supermärkte.

Die Verarbeitung des Fleisches orientiert sich an der von Wild oder Rindfleisch. In anderen Ländern gibt es hier allerdings eine wesentlich größere Vielfalt und in einigen Kulturen bildet Pferdefleisch sogar die Grundlage für Nationalgerichte.

Die deutsche Küche bietet klassische Pferdefleischgerichte wie Sauerbraten, Rouladen, Goulasch und Bouletten. Aber auch der Blick in fremde Speisekarten kann zu interessanten Experimenten anregen.


Warum ist Pferdefleisch gesund?

Pferdefleisch ist äußerst fettarm und hat wertvolle Bestandteile. Der Fettgehalt liegt bei vergleichbarem Nährwert (Protein) nur maximal halb so hoch als bei Rindfleisch. Da sich dieser Wert auch auf intramuskulaeres Fett bezieht, kann dieses Minimum bei anderen Fleischsorten auch nicht durch Abschneiden von Fetträndern usw. erreicht werden.

Aus medizinischer Sicht ist der Genuß von Pferdefleisch sehr empfehlenswert, insbesondere zur Vorbeugung gegen Arteriosclerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Fleischart  Fett (%)   Protein (%)   Kalcium (%)   Energie (kcal) 
mageres Pferd 2
(Schenkel) 
mageres Pferd: 0,5% Fett 00,5 mageres Pferd: 0,5% Fett 23,3 ... 4 ... 4
Pferd 1
(durchschnittlich) 
Pferd: durchschnittlich 2,7% Fett 02,7 Pferd: durchschnittlich 2,7% Fett 20,6 0,013 117
wohlgenährtes Pferd 3 
(Hinterviertel) 
wohlgenährtes Pferd: 3,6% Fett 03,6 wohlgenährtes Pferd: 3,6% Fett 21,6 ... 4 ... 4
Rind
(besonders mager) 
mageres Rind: 7,2% Fett 07,2 mageres Rind: 7,2% Fett 20,0 0,009 150
mageres Schwein
(Schinken) 
mageres Schwein: 8,3% Fett 08,3 mageres Schwein: 8,3% Fett 21,0 ... 4 ... 4
Rind
(durchschnittlich) 
Rind: durchschnittlich 22,1% Fett 22,1 Rind: durchschnittlich 22,1% Fett 17,2 0,008 273
fettes Schwein
 
fettes Schwein: 34,6% Fett 34,6 fettes Schwein: 34,6% Fett 16,0 ... 4 ... 4
1 Tierärztliche Hochschule Hannover, 1997; 2, 3 Mexers Konversations-Lexikon, 1894; 4 Vergleichswert nicht ermittelbar

Eine vollständige Aufstellung aller Bestandteile können Sie unter dem folgenden Link einsehen:


Warum ist Pferdefleisch kein Massenprodukt?

Pferdehaltung im Offenstall Pferdehaltung im Offenstall
Foto: Schwanke

Pferde werden im allgemeinen nicht zum Schlachten produziert, sondern für andere Zwecke gehalten. Daher ist Pferdefleisch kein auf rationelle Erzeugung optimiertes Produkt. Die Haltungsbedingungen sind im Gegensatz zu Masttieren oft auch öffentlich einsehbar (z.B. auf Reiterhöfen).

Dort, wo Pferde zur Fleischerzeugung gehalten werden, geschieht dies meist unter extensiven Bedingungen. So werden beispielsweise auf Island in extensiver Weidehaltung pro Jahr ca. 10.000 Schlachtfohlen produziert. Argentinien erzeugt jährlich ca. 40.000 Tonnen Pferdefleisch, wobei die Tiere in weitläufigen Steppengebieten leben.


Pferde leben meist unter artgerechteren Bedingungen als andere Tiere. Es erfolgt eine gesunde, auf körperliche Leistungsfaehigkeit orientierte Fütterung.


Wie wird Pferdefleisch produziert?

'Das Schlachtpferd' - Plastik des Künstlers Andreas Tiedemann, Lübeck, 1996 'Das Schlachtpferd' - Plastik des Künstlers Andreas Tiedemann, Lübeck, 1996
Foto: Tiedemann

Vielleicht wissen nur wenige Menschen, daß Pferdefleisch zu den interessantesten Produkten der Fleischbranche gehört. So unterschiedlich wie seine Bedeutung in den verschiedenen Kulturkreisen, so wechselvoll ist auch seine Geschichte als Nahrungsmittel.

Gleichfalls sehr verschieden ist auch die Art und Weise, wie Pferdefleisch produziert wird. In Deutschland und zahlreichen anderen europäischen Ländern ist seine Bedeutung als Nahrungsmittel recht gering. Entsprechend niedrig sind die produzierten Mengen.

So werden in Deutschland jährlich ca. 3.000 Tonnen Pferdefleisch erzeugt, wofür etwa 12.000 Pferde geschlachtet werden. Die Tiere werden zumeist in sekundärer Nutztung der Schlachtung zugeführt, das heisst, dass sie zuvor für Sport, Freizeit oder landwirtschaftliches Arbeiten genutzt wurden. Die Zahlen erscheinen zwar hoch, liegen im Vergleich zu den Rinderschlachtungen aber doch sehr niedrig, zumal jährlich wesentlich mehr Schlachtpferde anfallen. Überählige Tiere werden zur Schlachtung exportiert, was oft zu langen Transportwegen führt.

Handwerklich arbeitende Betriebe zeigen oft, dass man Fleischerzeugnisse von hoher Qualität herstellen kann, ohne dass die Schlachttiere leiden müssen. Es ist sehr interessant, sich über diese Art der Fleischerzeugung zu informieren, da hier handwerkliches Arbeiten mit moderner Technik und strengen Hygienrichtlinien kombiniert ist.

In Deutschland erfolgen Pferdeschlachtungen meist in kleineren Familienbetrieben, in denen sich der Beruf des Pferdemetzgers als traditionelles Handwerk erhalten hat. Die Pferde sind zum größten Teil Warmblüter aus dem Freizeit- und Sportbereich, die ihre Nutzungsgrenze erreicht haben.

Schlachtreifes Altpferd (27 Jahre) in gutem Fütterungszustand Schlachtreifes Altpferd (27 Jahre) in gutem Fütterungszustand
Foto: Schwanke

Zwei der Hauptlieferanten für Schlachtpferde und Pferdefleisch in Europa sind Polen und Rumänien. In beiden Ländern sind Pferde als Arbeitstiere bedeutsam und Pferdefleisch hat eine nicht unerhebliche Bedeutung für die Wirtschaft. Die Herkunft der Tiere lässt sich im wesentlichen in zwei Bereiche einteilen: Zum einen kommen Jungpferde und Fohlen zur Schlachtung, welche größtenteils für die Fleischnutzung erzeugt wurden. Hier bietet die Schlachtfohlenproduktion besonders kleinen landwirtschaftlichen Betrieben, welche die Mutterstuten zur Arbeitsnutzung halten, einen wichtigen wirtschaftlichen Nebenerwerb.

Andererseits gelangen Altpferde aus der Arbeitsnutzung nach Ablauf der Nutzungszeit auf den Fleischmarkt. Auf diese Weise werden die für ihren eigentlichen Zweck nicht mehr nutzbaren Pferde einer weiteren, wirtschaftlich sinnvollen Verwendung zugeführt. Trotz mancher moralischer Vorbehalte sollte man bedenken, dass die Fleischnutzung kräftiger und gesunder Tiere wesentlich mehr Tierschutz bietet als das frühere "Schinden" alter Pferde. Nicht umsonst sind die ersten Rossschlächtereien in Europa von Tierschützern gegründet worden.

In einigen landwirtschaftlich geprägten Regionen werden Pferde auch heute noch als Arbeitstiere genutzt. Hier ist auch Pferdefleisch ein Wirtschaftsfaktor für das Wohlergehen der Menschen. Dies betrifft sowohl die Fleischnutzung der Alttiere als auch die Erzeugung von Schlachtfohlen im Nebenerwerb.

Mast- und Schlachtbetrieb in Japan Mast- und Schlachtbetrieb in Japan
Bild zitiert aus [64]

In einigen europäischen und außereuropäischen Ländern liegt der Verbrauch an Pferdefleisch wesentlich höher als bei uns. Dieser Bedarf wird teilweise dadurch gedeckt, daß Pferde gezielt zur Fleischerzeugung produziert werden. Der Gedanke an eine Schlachtpferdeproduktion in großem Maßstab erscheint unserer Kultur fremd, ist unter den Bedingungen anderer Länder aber durchaus sinnvoll und auch moralisch vertretbar.

Es gibt verschiedene Formen der Aufzucht und Mast von Fleischpferden. Da Pferde schnell wachsen, werden meist junge Tiere geschlachtet, um die Haltungskosten gering zu halten. Teilweise wird auch hier die Fleischerzeugung mit anderen Nutzungsformen kombiniert.


Transport von Schlachtpferden: Ruhepause mit Fütterung Transport von Schlachtpferden: Ruhepause mit Fütterung
Bild zitiert aus [45]

Da Erzeuger- und Verbraucherländer von Pferdefleisch nicht immer identisch sind, findet ein recht umfangreicher internationaler Handel statt. Dabei werden in Europa auch lebende Schlachtpferde über große Entfernungen transportiert. Diese Transporte waren in der Vergangenheit Gegenstand von Protesten in der Öffentlichkeit sowie von Tierschutzorganisationen.

In den letzten Jahren haben hier Veränderungen stattgefunden: So gelten für den Transport von Schlachtpferden, wie für Tiertransporte insgesamt, strenge EU-Richtlinien. Die Transportzeit ist auf 8 Stunden begrenzt und die Tiere müssen regelmässig mit Wasser und Futter versorgt werden. Bei längeren Transporten sind die Tiere zu entladen und Ruhepausen einzulegen. In wieweit alle diese Vorschriften eingehalten werden, wird von Tierschutz-Organisationen kontrolliert.


Junges Fleischpferd auf einer Auktion Junges Fleischpferd auf einer Auktion
Bild zitiert aus [46]

Die nach Qualitätsstandards arbeitenden Schlachtbetriebe kaufen heute keine "alten Klepper" mehr auf, sondern entweder schlachtreife Jungpferde oder möglichst kräftige Alttiere in bestem Gesundheitszustand. Zugleich gibt es immer mehr Bestrebungen, Fleischpferde nicht mehr zu transportieren, sondern bereits in den Aufzuchtgebieten zu schlachten.

So arbeitet beispielsweise der italienische Fleischkonzern Nabacarni eng mit einem der größten Pferdeschlachthöfe in Polen zusammen [63]. In Frankreich und Spanien sind lokale Organisationen für die Zucht von Fleischpferden entstanden, die sich für Verarbeitung von Pferdefleisch vor Ort engagieren und den Vertrieb organisieren.

In Japan sind teilweise Farmen und Händler zu Großbetrieben vereinigt, welche Aufzucht der Tiere, Schlachtung, Verarbeitung und Vermarktung übernehmen.


Industrielle Pferdeschlachtung (Haarlem, Niederlande) Industrielle Pferdeschlachtung: Haarlem, Niederlande
Bild zitiert aus [43]

Pferdefleischkonsum und Tierquälerei sind zwei verschiedene Dinge. Verstöße gegen den Tierschutz bringen das an sich sehr wertvolle Produkt Pferdefleisch zu Unrecht in Verruf. In diesem Sinne sind heute auch Transportunternehmen und Schlachtbetriebe daran interessiert, Tierschutzbestimmungen einzuhalten und durchzusetzen. Große Schlachthöfe sind heute modern, nach EU-Bestimmungen ausgestattet und gewährleisten eine ständige Überwachung der Qualität im Umgang mit dem Lebensmittel Fleisch.

Fleischkonsum ist ein kultureller Wert. Zur Qualität des Produktes Fleisch gehört auch ein achtungsvoller und schonender Umgang mit den Schlachttieren. In Bezug auf Pferdefleisch ist dieses Qualitätsmerkmal insgesamt häufiger gegeben als bei anderen Schlachttieren. Andererseits gibt es aber immer noch negative Erscheinungen, die überwunden werden müssen. Die Autoren dieser Website setzen sich aktiv für eine solche Entwicklung ein.

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Impressum    Quellenangaben    letzte Aktualisierung: 19.11.2013
© 2013 Jan Schwanke

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