Der Gedanke an eine
Schlachtpferdeproduktion in großem Maßstab erscheint unserer
Kultur fremd, ist unter den Bedingungen mancher Länder aber
durchaus sinnvoll. Die ökologischen und ökonomischen Umstände
sowie die kulturellen Hintergründe sind dabei durchaus verschieden.
Die verschiedenen Nutzungsformen sind unter anderem
in folgenden Ländern anzutreffen:
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- Mongolei und Kasachstan
- Argentinien und Brasilien
- Mexiko
- Australien
- Island
- Jakutien
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Die gezielte Pferdezucht zur Fleischerzeugung hängt in den
meisten Fällen mit den geografischen und
klimatischen Bedingungen der entsprechenden Regionen zusammen:
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Es steht sehr viel Platz zur Verfügung, in dem große Pferdeherden
meist ohne besondere Betreuung im freien leben und
ihr Bewegungsbedürfnis befriedigen können.
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Das natürliche Futterangebot ist so weiträumig verteilt, daß es
nur von schnellen Lauftieren genutzt werden kann, die ihre
Weidegebiete problemlos über große Entfernungen wechseln können.
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Die klimatischen Bedingungen sind so hart, daß die Haltung anderer
großer Fleischtiere problematisch ist. Einige Pferderassen sind
an solche Bedingungen sehr gut angepaßt und wesentlich wiederstandsfähiger
und anspruchsloser als Rinder oder Schweine.
Diese Bedingungen treffen für bestimmte Regionen der Erde in nahezu extremer
Weise zu. Hier sind vor allem die Steppengebiete in Mittelasien
sowie in Nord- und Südamerika zu nennen. Insbesondere in einigen Gebieten
Mittelasiens
hat sich im Laufe der Geschichte dadurch eine
Kultur entwickelt, in der das Pferd die Grundlage der Viehzucht
bildet und den Menschen alles zum Leben erforderliche liefert.
In
Südamerika
werden die natürlichen Bedingungen dagegen meist nur genutzt,
um große Mengen an Pferdefleisch für den Export zu erzeugen.
Importländer sind vornehmlich Frankreich, Belgien und die Niederlanden.
Auf
Island
herrschen derart extreme klimatische Bedingungen, daß Rinderhaltung im
freien praktisch nicht möglich ist. Daher wurden die sehr
konstitutionsharten und dem Klima optimal angepaßten Islandponys
von jeher auch zur Fleischerzeugung genutzt. Heute findet Pferdefleisch
bei den Isländern regen Zuspruch und wird darüber hinaus auch nach
Frankreich und Belgien exportiert.
In einigen Ländern wird jedoch auch unabhängig von den klimatischen Bedingungen eine gezielte Erzeugung
von Schlachtpferden betrieben. Beispiele hierfür gibt es unter anderem in:
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- Polen
- Ungarn
- Italien
- Frankreich und Belgien
- Schweiz
- Spanien
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Für die verschiedenen Produktionsformen gibt es unterschiedliche Beweggründe: zum einen kann der lokale Konsum
an Pferdefleisch so hoch liegen, dass die Erzeugung von Schlachtpferden lohnt (z.B. in Frankreich, Italien
oder der Schweiz). Andererseits ist die Aufzucht von Schlachtfohlen auch oft mit anderen Nutzungsformen
der Stuten kombiniert. Dies trifft insbesondere auf Länder zu, in denen das Pferd in größerem Umfang als
Zugtier in der Landwirtschaft eingesetzt wird (z.B. in Polen). Weitere Nutzungsformen sind die
Haltung von Rückepferden in der Forstwirtschaft oder die Landschaftspflege durch "sanfte" Beweidung mit Pferden.
Bei allen diesen Produktionsformen kommen zumeist schwere und schnellwüchsige Kaltblutrassen zum Einsatz, die sich
durch eine gute Fleischleistung auszeichnen. Da diese Rassen zum großen Teil ihr Aufgabengebiet
als Arbeitstiere in der Landwirtschaft verloren haben, trägt heute die Schlachtpferdeproduktion
in erheblichem Maße zu ihrer Erhaltung bei.
Gemästete Kaltplutpferde können ein Schlachtgewicht von über 1000 Kg erreichen. Sie gehören damit zu
den schwersten domestizierten Fleischlieferanten der Welt.
Weitere Themen zur Pferdefleischerzeugung:
Weitere Informationen sind in der
Linkliste
enthalten.
Beispiel Russland:
Eine Fleischrasse in der Pferdezucht:
Sowjetisches Kaltblut,
1952 als neue Rasse anerkannt, Zuchtziele: Arbeit, Fleisch und Milch
In Russland sowie einigen Staaten, welche früher zur Sowjetunion gehörten,
hat die Fleischnutzung des Pferdes eine lange Tradition. Die speziell
auf die Produktion von Fleisch ausgerichtete Pferdehaltung hat einen
ausgeprägten regionalen Charakter, ist zugleich aber sehr umfangreich.
Die
produktive Pferdezucht
bildet einen eigenständigen Wirtschaftszweig
mit 200 auf Fleischerzeugung spezialisierten Betrieben sowie weiteren
83 Betrieben für die
Erzeugung von Stutenmilch.
Etwa 243.000 Pferde
werden für diese Zwecke gehalten.
Damit steht die produktive Pferdezucht
an 2. Stelle der Nutzungsrichtungen in Russland
(nach der Arbeitsleistung, vor Sportpferdezucht und Tourismus).
In Russland gibt es bereits seit über 150 Jahren züchterische Aktivitäten,
um diese Nutzungsform effektiver zu gestalten, wobei auch
wissenschaftliche Einrichtungen
beteiligt waren bzw. heute noch sind.
Im Ergebnis sind einige ausgeprägte Fleischrassen entstanden. Diese sind optimal
an die lokalen klimatischen Verhältnisse angepasst und ermöglichen
einen hohen Fleischertrag bei minimalem Pflegeaufwand.
Im Zuge des Übergangs zur Marktwirtschaft bietet die Produktion von
Pferdefleisch eine Möglichkeit, die national gegebenen Ressourcen
ökonomisch sinnvoll zu nutzen. So kann in einigen Regionen aufgrund
klimatischer Bedingungen Pferdefleisch
bis zu 4,5-mal effizienter erzeugt werden als Rindfleisch sowie
bis zu 3-mal effizienter als Hammelfleisch.
Auch in heutiger Zeit gibt es Bestrebungen, diesen Wirtschaftszweig weiter
auszubauen. Dabei soll die Anzahl der Pferde erhöht, sowie die Effizenz
der Betriebe verbessert werden, wobei sich insbesondere große Herden
(mit bis zu 900 Tieren) als ökonomisch vorteilhaft
erweisen.[50][52][53]
Beispiel Polen:
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Die nebenstehende Tabelle gibt einen Eindruck vom Umfang der Schlachtpferdeproduktion in Polen.
Obwohl dort der lokale Verbrauch an Pferdefleisch nicht wesentlich höher liegt als in Deutschland,
liegt Polen beim Export dieser Fleischart weltweit auf Platz 4, in Europa sogar auf Platz 2 (hinter Belgien).
Hauptabnehmer für Pferdefleisch und Schlachtpferde ist Italien.
Experimente mit dem Aufbau von Fohlenmastbetrieben haben in Polen eine lange Tradition, welche bis weit in die
sozialistische Zeit zurückreicht.
Auch heute besitzen Pferde in Polen eine Bedeutung als Arbeitstiere in der Landwirtschaft. Insbesondere von kleineren,
bäuerlichen Betrieben wird dabei die Aufzucht von Schlachtfohlen als Nebenerwerb betrieben.
Im Jahre 2002 gab es in Polen 329.600 Pferde, dies entspricht durchschnittlich 1,9 Tiere je 100 Hektar landwirtschaftlicher
Nutzfläche.
(Infos und Tabelle aus [16])
© 2013 Jan Schwanke
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